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Kleinbahn Steinhelle-Medebach: Unterschied zwischen den Versionen

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Die 750mm-Schmalspurbahn verlief im Ruhrtal vom [[Bahnhof Steinhelle|Bahnhof Steinhelle]] durch die Ortsmitte von [[Assinghausen|Assinghausen]] und Wiemeringhausen nach Niedersfeld. Von dort ging es nach durch das Hilletal nach Küstelberg über Oberschledorn bis nach Medebach. Insgesamt war die Strecke 36,3km lang.  
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Die 750mm-Schmalspurbahn verlief im Ruhrtal vom [[Bahnhof Steinhelle|Bahnhof Steinhelle]] durch die Ortsmitte von [[Assinghausen|Assinghausen]] und [[Wiemeringhausen|Wiemeringhausen]] nach Niedersfeld. Von dort ging es nach durch das Hilletal nach Küstelberg über Oberschledorn bis nach Medebach. Insgesamt war die Strecke 36,3km lang.  
  
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An Lokomotiven standen zu Beginn&nbsp; 4 Mallet-Dampfloks zur Verfügung, die von 4 Achsen angetrieben wurden.<br>1927 wurden sie durch drei neue, schwere 5-achsige O&amp;K Lokomotiven abgelöst. Diese zogen bei ersten Testfahrten von Grönebach bis Küstelberg über 20 Wagons die&nbsp;Steigung hoch.  
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An Lokomotiven standen zu Beginn&nbsp; 4 [http://de.wikipedia.org/wiki/Mallet_(Lokomotive) Mallet-Dampfloks] zur Verfügung, die von 4 Achsen angetrieben wurden. Es handelte sich dabei um Henschel Lokomotiven&nbsp;der Bauart B'Bn4vt und zwar um die Fabrikationsnummern 5662-5665 aus dem Jahr 1901.<br>1927 wurden sie durch drei neue, schwere 5-achsige O&amp;K Lokomotiven abgelöst. Diese zogen bei ersten Testfahrten von Grönebach bis Küstelberg über 20 Wagons die&nbsp;Steigung hoch.  
  
 
Ab 1940 kam ein dieselbetriebener Triebwagen für den Personenverkehr zum Einsatz, der 60 Sitzplätze und 40 Stehplätze hatte.  
 
Ab 1940 kam ein dieselbetriebener Triebwagen für den Personenverkehr zum Einsatz, der 60 Sitzplätze und 40 Stehplätze hatte.  
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Für Streckenbesichtigungen und Ausflüge standen dem Bahnverwalter, Werkmeister und der Prominenz ein umgebauter Opel P4 zur Verfügung. Dieser hatte anstatt der normalen Autoreifen, Schienenkranzräder und in der Fahrzeugmitte einen Stempel, mit dem der Wagen um 180° auf den Schienen gedreht werden konnte.  
 
Für Streckenbesichtigungen und Ausflüge standen dem Bahnverwalter, Werkmeister und der Prominenz ein umgebauter Opel P4 zur Verfügung. Dieser hatte anstatt der normalen Autoreifen, Schienenkranzräder und in der Fahrzeugmitte einen Stempel, mit dem der Wagen um 180° auf den Schienen gedreht werden konnte.  
  
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== <span id="fck_dom_range_temp_1380741266765_841">Eine Kleinbahnfahrt im Jahre 1936 ( Erzählung von&nbsp;&nbsp;<span id="fck_dom_range_temp_1380741266765_841">[http://www.lwl.org/literaturkommission/alex/index.php?id=00000003&letter=P&layout=2&author_id=00000807 Franz Predeek]&nbsp;)</span></span><br>  ==
  
== <span id="fck_dom_range_temp_1380741266765_841">[http://www.lwl.org/literaturkommission/alex/index.php?id=00000003&letter=P&layout=2&author_id=00000807 Franz Predeek]: Eine Kleinbahnfahrt im Jahre 1936
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Das reizende Miniaturbähnchen, das in Steinhelle am Einfluß der Neger in die Ruhr zweimal im Tage auf seinen großen Bruder Bestwig - Frankenberg wartet, nennt sich stolz Steinhelle- Medebach. Um das Erleben dieses sauerländischen Landstädtchens in friedvoller Abgeschiedenheit zu vervollständigen, muß man es mit seinem Bähnle anlaufen. Als Einführung gibt es nichts Besseres; denn das kleine, mutige Dampfrößlein guckt in alle Winkel und Ecken der Dörfer, die es durchläuft. Es kennt alle bösartigen Kühe auf der Strecke, jede störrische Schafherde, ja jeden bellenden Hund, der mit den Rädern wettläuft, und jeden Hahn, der irgendwo von der Miste kräht.<br>Was man an dem Bähnlein am meisten bewundern muß, ist der Stolz, mit dem es einen Schornstein aufrecht trägt und die Selbstverständlichkeit, mit der es spielend sein Ziel erreicht. Nichts für ungut! Das Bähnlein hat ein gutes Recht darauf, stolz zu sein: macht es allein doch in ganz Deutschland leibhaftige Spitzkehren! Hier, bald schon hinter dem kühn gelegenen Küstelberg {666), just am Fuße des sagenumwobenen Schloßberges (790), geschieht das Wunder: das Zügle hält auf freier Strecke, der Herr Schaffner steigt aus und legt eine Weiche um, und das ganze lustige Zügle rollt nun rückwärts eine Strecke den Berg hinunter. Das Schauspiel wiederholt sich; der Herr Schaffner legt eine zweite Weiche um, gibt einen Pfiff, den das Lokomotivlein freudig erregt beantwortet, und die Fahrt gehl weiter. Ganze 100 Meter Gelände sind auf einer Strecke von ein und einem halben Kilometer auf diese Weise gewonnen.<br>Schwieriger ist natürlich die Sache auf der Fahrt von Medebach nach Steinhelle. Dann muß das Kunststück den Berg hinauf gemacht werden. Um so befreiender aber ist dann oben nach getaner Arbeit der aufjauchzende Pfiff. Daß bei meinem Bähnlein das Pflücken von Erdbeeren und Himbeeren während der Fahrt wegen der damit verbundenen Lebensgefahr streng verboten ist, versteht sich von selbst. Mein Bähnlein ist sonst durchaus gutmütig geartet; mit Freude greift es hinter einen mit dicken Bruchsteinen beladenen Wagen und hilft den armen Gäulen auf diese Weise etwas über den Weg. Stellt ein Ochse sich wutschnaubend ihm in Weg und Spur, so bleibt es auch stehen. Man muß dann eben abwarten, wer von beiden der Stärkere ist. Der Klügere ist mein Bähnlein, denn dies läßt in solchen Situationen plötzlich und unvermittelt etwas zischend Dampf aus seinen Nüstern fahren, und der Ochse trabt meist beschleunigt von dannen.<br>Mein Bähnlein ist so selbst glücklich über seine Leistungen, dabei so stillverträumt auf seiner beschaulichen Fahrt, daß es vor lauter Freude ab und zu richtig an zu hüpfen beginnt. Dann soll es häufiger vorkommen, daß nach einem solchen Hüpfer das Bähnlein oder doch wenigstens die das Zügle ziehende Lokomotive sich plötzlich außerhalb seiner Schienenspur wiederfindet. Aber, das macht nichts, denn es sind immer genügend Reisende da, die ihm wieder auf die Schienen helfen. Zur Vergeltung kommt dann auch wohlmal unser Karrengaul und hilft nun seinerseits mit Ziehen. Steht alles wieder im Lot, so ruft der Herr Schaffner sein bekanntes: "Bitte Platz nehmen, es geht wieder weiter!“ und alles steigt wieder ein, als wenn nichts weiter sich ereignet hätte. So steht mein Bähnlein mit Menschen und Tieren durchaus auf friedlichem Fuße.<br>Glücklich, wer als gehetzter Großstädter mal auf einem solchen Bähnlein mitfahren darf. Die beste Nervenkur, die sich denken läßt. Wer es fertig bringt, diesem ländlichen Ereignis seine guten Seiten<br>abzugewinnen, der hat noch gute Nerven und sich einen guten Humor bewahrt.<br>Technisch lernt, wie wir gesehen, der Reisende auf dieser putzigen Fahrt allerhand; nicht minder ist sein Gewinn in landschaftlich-geographischer Hinsicht. Unser Bähnlein durchfährt eine Landschaft, die man von Küstelberg an - sehr zu Unrecht - viel zu wenig aufsucht. Man ist im hohen und höchsten Sauerland und wird doch überrascht sein, hier oben eine solch liebliche, fast gänzlich unberührte, echt heimatlich anmutende Landschaft entdeckt zu haben.<br>  
 
 
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Das reizende Miniaturbähnchen, das in Steinhelle am Einfluß der Neger in die Ruhr zweimal im Tage auf seinen großen Bruder Bestwig - Frankenberg wartet, nennt sich stolz Steinhelle- Medebach. Um das Erleben dieses sauerländischen Landstädtchens in friedvoller Abgeschiedenheit zu vervollständigen, muß man es mit seinem Bähnle anlaufen. Als Einführung gibt es nichts Besseres; denn das kleine, mutige Dampfrößlein guckt in alle Winkel und Ecken der Dörfer, die es durchläuft. Es kennt alle bösartigen Kühe auf der Strecke, jede störrische Schafherde, ja jeden bellenden Hund, der mit den Rädern wettläuft, und jeden Hahn, der irgendwo von der Miste kräht.<br>Was man an dem Bähnlein am meisten bewundern muß, ist der Stolz, mit dem es einen Schornstein aufrecht trägt und die Selbstverständlichkeit, mit der es spielend sein Ziel erreicht. Nichts für ungut! Das Bähnlein hat ein gutes Recht darauf, stolz zu sein: macht es allein doch in ganz Deutschland leibhaftige Spitzkehren! Hier, bald schon hinter dem kühn gelegenen Küstelberg {666), just am Fuße des sagenumwobenen Schloßberges (790), geschieht das Wunder: das Zügle hält auf freier Strecke, der Herr Schaffner steigt aus und legt eine Weiche um, und das ganze lustige Zügle rollt nun rückwärts eine Strecke den Berg hinunter. Das Schauspiel wiederholt sich; der Herr Schaffner legt eine zweite Weiche um, gibt einen Pfiff, den das Lokomotivlein freudig erregt beantwortet, und die Fahrt gehl weiter. Ganze 100 Meter Gelände sind auf einer Strecke von ein und einem halben Kilometer auf diese Weise gewonnen.<br>Schwieriger ist natürlich die Sache auf der Fahrt von Medebach nach Steinhelle. Dann muß das Kunststück den Berg hinauf gemacht werden. Um so befreiender aber ist dann oben nach getaner Arbeit der aufjauchzende Pfiff. Daß bei meinem Bähnlein das Pflücken von Erdbeeren und Himbeeren während der Fahrt wegen der damit verbundenen Lebensgefahr streng verboten ist, versteht sich von selbst. Mein Bähnlein ist sonst durchaus gutmütig geartet; mit Freude greift es hinter einen mit dicken Bruchsteinen beladenen Wagen und hilft den armen Gäulen auf diese Weise etwas über den Weg. Stellt ein Ochse sich wutschnaubend ihm in Weg und Spur, so bleibt es auch stehen. Man muß dann eben abwarten, wer von beiden der Stärkere ist. Der Klügere ist mein Bähnlein, denn dies läßt in solchen Situationen plötzlich und unvermittelt etwas zischend Dampf aus seinen Nüstern fahren, und der Ochse trabt meist beschleunigt von dannen.<br>Mein Bähnlein ist so selbst glücklich über seine Leistungen, dabei so stillverträumt auf seiner beschaulichen Fahrt, daß es vor lauter Freude ab und zu richtig an zu hüpfen beginnt. Dann soll es häufiger vorkommen, daß nach einem solchen Hüpfer das Bähnlein oder doch wenigstens die das Zügle ziehende Lokomotive sich plötzlich außerhalb seiner Schienenspur wiederfindet. Aber, das macht nichts, denn es sind immer genügend Reisende da, die ihm wieder auf die Schienen helfen. Zur Vergeltung kommt dann auch wohlmal unser Karrengaul und hilft nun seinerseits mit Ziehen. Steht alles wieder im Lot, so ruft der Herr Schaffner sein bekanntes: "Bitte Platz nehmen, es geht wieder weiter!“ und alles steigt wieder ein, als wenn nichts weiter sich ereignet hätte. So steht mein Bähnlein mit Menschen und Tieren durchaus auf friedlichem Fuße.<br>Glücklich, wer als gehetzter Großstädter mal auf einem solchen Bähnlein mitfahren darf. Die beste Nervenkur, die sich denken läßt. Wer es fertig bringt, diesem ländlichen Ereignis seine guten Seiten<br>abzugewinnen, der hat noch gute Nerven und sich einen guten Humor bewahrt.<br>Technisch lernt, wie wir gesehen, der Reisende auf dieser putzigen Fahrt allerhand; nicht minder ist sein Gewinn in landschaftlich-geographischer Hinsicht. Unser Bähnlein durchfährt eine Landschaft, die man von Küstelberg an - sehr zu Unrecht - viel zu wenig aufsucht. Man ist im hohen und höchsten Sauerland und wird doch überrascht sein, hier oben eine solch liebliche, fast gänzlich unberührte, echt heimatlich anmutende Landschaft entdeckt zu haben.<br>
 
 
 
  
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Dieter H. Neliba,''Vom Sauerland ins Hessenland'', NELIBA-Verlag, 1994, ISBN 3.9800367-3-4
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Dieter H. Neliba,''Vom Sauerland ins Hessenland'', NELIBA-Verlag, 1994, ISBN 3.9800367-3-4  
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[[Category:Assinghausen]] [[Category:Steinhelle]] [[Category:Wiemeringhausen]] [[Category:Verkehr]] [[Category:Bahn]]

Aktuelle Version vom 31. März 2014, 19:32 Uhr

Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 750mm-Schmalspurbahn verlief im Ruhrtal vom Bahnhof Steinhelle durch die Ortsmitte von Assinghausen und Wiemeringhausen nach Niedersfeld. Von dort ging es nach durch das Hilletal nach Küstelberg über Oberschledorn bis nach Medebach. Insgesamt war die Strecke 36,3km lang.


Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An Lokomotiven standen zu Beginn  4 Mallet-Dampfloks zur Verfügung, die von 4 Achsen angetrieben wurden. Es handelte sich dabei um Henschel Lokomotiven der Bauart B'Bn4vt und zwar um die Fabrikationsnummern 5662-5665 aus dem Jahr 1901.
1927 wurden sie durch drei neue, schwere 5-achsige O&K Lokomotiven abgelöst. Diese zogen bei ersten Testfahrten von Grönebach bis Küstelberg über 20 Wagons die Steigung hoch.

Ab 1940 kam ein dieselbetriebener Triebwagen für den Personenverkehr zum Einsatz, der 60 Sitzplätze und 40 Stehplätze hatte.

Zur Streckenkontrolle stand ein ein Fahrrad mit vier Rädern zur Verfügung, welches mit einer Hand- und einer Rücktrittbremse ausgestattet war.

Für Streckenbesichtigungen und Ausflüge standen dem Bahnverwalter, Werkmeister und der Prominenz ein umgebauter Opel P4 zur Verfügung. Dieser hatte anstatt der normalen Autoreifen, Schienenkranzräder und in der Fahrzeugmitte einen Stempel, mit dem der Wagen um 180° auf den Schienen gedreht werden konnte.


Chronologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1. Mai 1902:                Eröffnung des Abschnitts Steinhelle-Niedersfeld

15. Juni 1902:             Eröffnung des Abschnitts Niedersfeld -Küstelberg

24. November 1903:   Eröffnung des Abschnitts Küstelberg - Oberschlehdorn

1. Mai 1903:                Fertigstellung der Strecke bis Medebach

23. Juni 1953:             Einstellung des Schienenverkehrs


Eine Kleinbahnfahrt im Jahre 1936 ( Erzählung von  Franz Predeek )
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Das reizende Miniaturbähnchen, das in Steinhelle am Einfluß der Neger in die Ruhr zweimal im Tage auf seinen großen Bruder Bestwig - Frankenberg wartet, nennt sich stolz Steinhelle- Medebach. Um das Erleben dieses sauerländischen Landstädtchens in friedvoller Abgeschiedenheit zu vervollständigen, muß man es mit seinem Bähnle anlaufen. Als Einführung gibt es nichts Besseres; denn das kleine, mutige Dampfrößlein guckt in alle Winkel und Ecken der Dörfer, die es durchläuft. Es kennt alle bösartigen Kühe auf der Strecke, jede störrische Schafherde, ja jeden bellenden Hund, der mit den Rädern wettläuft, und jeden Hahn, der irgendwo von der Miste kräht.
Was man an dem Bähnlein am meisten bewundern muß, ist der Stolz, mit dem es einen Schornstein aufrecht trägt und die Selbstverständlichkeit, mit der es spielend sein Ziel erreicht. Nichts für ungut! Das Bähnlein hat ein gutes Recht darauf, stolz zu sein: macht es allein doch in ganz Deutschland leibhaftige Spitzkehren! Hier, bald schon hinter dem kühn gelegenen Küstelberg {666), just am Fuße des sagenumwobenen Schloßberges (790), geschieht das Wunder: das Zügle hält auf freier Strecke, der Herr Schaffner steigt aus und legt eine Weiche um, und das ganze lustige Zügle rollt nun rückwärts eine Strecke den Berg hinunter. Das Schauspiel wiederholt sich; der Herr Schaffner legt eine zweite Weiche um, gibt einen Pfiff, den das Lokomotivlein freudig erregt beantwortet, und die Fahrt gehl weiter. Ganze 100 Meter Gelände sind auf einer Strecke von ein und einem halben Kilometer auf diese Weise gewonnen.
Schwieriger ist natürlich die Sache auf der Fahrt von Medebach nach Steinhelle. Dann muß das Kunststück den Berg hinauf gemacht werden. Um so befreiender aber ist dann oben nach getaner Arbeit der aufjauchzende Pfiff. Daß bei meinem Bähnlein das Pflücken von Erdbeeren und Himbeeren während der Fahrt wegen der damit verbundenen Lebensgefahr streng verboten ist, versteht sich von selbst. Mein Bähnlein ist sonst durchaus gutmütig geartet; mit Freude greift es hinter einen mit dicken Bruchsteinen beladenen Wagen und hilft den armen Gäulen auf diese Weise etwas über den Weg. Stellt ein Ochse sich wutschnaubend ihm in Weg und Spur, so bleibt es auch stehen. Man muß dann eben abwarten, wer von beiden der Stärkere ist. Der Klügere ist mein Bähnlein, denn dies läßt in solchen Situationen plötzlich und unvermittelt etwas zischend Dampf aus seinen Nüstern fahren, und der Ochse trabt meist beschleunigt von dannen.
Mein Bähnlein ist so selbst glücklich über seine Leistungen, dabei so stillverträumt auf seiner beschaulichen Fahrt, daß es vor lauter Freude ab und zu richtig an zu hüpfen beginnt. Dann soll es häufiger vorkommen, daß nach einem solchen Hüpfer das Bähnlein oder doch wenigstens die das Zügle ziehende Lokomotive sich plötzlich außerhalb seiner Schienenspur wiederfindet. Aber, das macht nichts, denn es sind immer genügend Reisende da, die ihm wieder auf die Schienen helfen. Zur Vergeltung kommt dann auch wohlmal unser Karrengaul und hilft nun seinerseits mit Ziehen. Steht alles wieder im Lot, so ruft der Herr Schaffner sein bekanntes: "Bitte Platz nehmen, es geht wieder weiter!“ und alles steigt wieder ein, als wenn nichts weiter sich ereignet hätte. So steht mein Bähnlein mit Menschen und Tieren durchaus auf friedlichem Fuße.
Glücklich, wer als gehetzter Großstädter mal auf einem solchen Bähnlein mitfahren darf. Die beste Nervenkur, die sich denken läßt. Wer es fertig bringt, diesem ländlichen Ereignis seine guten Seiten
abzugewinnen, der hat noch gute Nerven und sich einen guten Humor bewahrt.
Technisch lernt, wie wir gesehen, der Reisende auf dieser putzigen Fahrt allerhand; nicht minder ist sein Gewinn in landschaftlich-geographischer Hinsicht. Unser Bähnlein durchfährt eine Landschaft, die man von Küstelberg an - sehr zu Unrecht - viel zu wenig aufsucht. Man ist im hohen und höchsten Sauerland und wird doch überrascht sein, hier oben eine solch liebliche, fast gänzlich unberührte, echt heimatlich anmutende Landschaft entdeckt zu haben.


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Kleinbahn_Steinhelle-Medebach

Olsberg Mittendrin  Die Kleinbahn Steinhelle Medebach Teil 1

Olsberg Mittendrin  Die Kleinbahn Steinhelle Medebach Teil 2

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieter H. Neliba,Vom Sauerland ins Hessenland, NELIBA-Verlag, 1994, ISBN 3.9800367-3-4